Montag, 14. April 2008

Wenn man mit seiner deutschen Vergangenheit konfrontiert wird…

Des öfteren passiert es mir, dass ich in ein Taxi steige und auf die Nachfrage welcher Nationalität ich denn sei, wird mir mit einem freundlichen, unschuldigem lächeln die Begrüßung "Heil, Hitler" entgegnet. Leider ist es oft das Erste und das Einzige was ihnen zu Deutschland einfällt und gar nicht böse gemeint. Weiter Klischees die gerne assoziiert werden sind: Bier, Fußball und sehr ernste, unlustige Menschen.

Nur ich kann mich nicht daran gewöhnen. Ich bin irritiert und eigentlich auch gleich genervt. Wie kann mich denn jemand den ich gar nicht kenne auf so ein Thema ansprechen? Das es ein prekäres Thema ist, versuche ich den Leuten damit zu erklären, dass sich das so anfühlt als wenn ich direkt mit der Geschichte von Abimael Guzmann (Führer der Guerilla-Bewegung "Sendero luminoso") meinen Taxi Talk beginnen würde. Aber das deutsche Image sitzt tief und die meisten verstehen gar nicht warum ich so pikiert bin.

"Ojala que no te vuelvas Nazi"
Der Gipfel passierte mir allerdings letzte Woche. Ein Tag der eh nicht meiner war, ich verlasse das Büro so früh wie lange nicht mehr, weil es irgendwie nicht vorwärts ging, und lasse mich am Olivenhain absetzen um den restlichen Weg durch den Park nach Hause zu laufen. Von hinten kommt ein 45-jähriger Fahrradfahrer an - eigentlich ja ganz sympathisch Fahrradfahrer(!) – und fragt mich nach dem Weg, will mich aber eigentlich – wie mir sofort klar ist - nur in ein Gespräch verwickeln. Nur, bin ich alles andere als in der Stimmung dazu. Ich antworte also in meiner wirklich nicht sehr charmanten kurz angebunden völlig entnervten Art: Ja Deutschland, eineinhalb Jahre, Bonn, ja die alte Hauptstadt, ja gefällt mir, ja ich mag Ceviche... bis es mir zu blöd und als er meine non-verbalen Signale nicht versteht raunze ich ihn an dass ich schlechte Laune habe und er solle mich doch bitte in Frieden lassen. Da fühlt sich nun aber jemand in seinem Mannstolz verärgert, dreht sofort mit dem Fahrrad um und säuselt noch in seinen Bart, aber laut genug das ich es hören kann: " Ojala que no te vuelvas Nazi" (Hoffentlich wirst du nicht wieder zum NAZI). Ich bin echt perplex. Und das auch noch an so einem, mit dem falschen Bein aufgestanden, Tag.

Dirndl mit Hackenkreuzen
Aber es gibt noch mehr Beispiele dafür, dass wir mit der Vergangenheit noch immer sehr assoziiert werden. Auf einem Austausch von deutschen und peruanischen Modemachern, die jeweils die andere Kultur mit einem typischen Modestück zeichnen sollten, hat eine peruanische Designerin ein Dirndl mit Hackenkreuzen gemalt. Die Antwort der deutschen ein peruanischer Poncho. Klischee gegen Klischee.

Die Krönung hat allerdings eine Freundin in Arequipa entdeckt. Eine CD mit dem Titel "Deutsche Volksmusik", auf dem Cover war ein Hackenkreuz abgebildet. Was für Musik auf der CD war? Ganz normale deutsche Volkslieder aus dem Musikantenstadl.

Der Preis des Erinnerns
Ich könnte jedes Mal im Boden versinken, manchmal ärger ich mich auch das das Image immer noch so präsent ist, das Ganze angeheizt von amerikanischen schlechten Filmen über diese Zeit. Manche verherrlichen sogar diese Zeit und sagen: "Ja damals war noch Ordnung, das fehlt uns hier".

Da merke ich das mich doch mein Nationalstolz packt (wusste bisher gar nicht das ich den besitze), dass mein Land das nicht verdient hat. Und das ich eigentlich Stolz darauf sein kann das „mein“ Land seine Geschichte nicht (mehr) versteckt, das es Pflicht ist in der Schule ein KZ zu besuchen um sich mit der Geschichte auseinander zu setzen,
das es Mahndenkmäler gibt, das es bei NPD-Märschen Gegendemonstrationen gibt, das die Geschichte nicht vergessen wird.

Und weil wir soviel erinnern und es nicht unter den Teppich kehren wird uns nun diese Geschichte immer wieder wie ein Bumerang zurück geworfen. Ist das fair?

Vielleicht nicht fair, aber gut das die Geschichte am Leben erhalten wird, das das Vergessen nicht aufhört und wenn es mich auch nervt, wenn es dazu beiträgt das sich die Geschichte nicht wiederholt, sollen die Menschen nur weiter drüber reden.