Dienstag, 20. November 2007

Fragen....

„Können Sie das bitte noch mal unterschreiben?“
Das höre ich immer zum Monatsende wenn ich mein Gehalt - das mir per Scheck bezahlt wird - in der Bank einlöse. Die Frau hinter dem Schalter meint, ob ich das noch mal genauso unterschreiben kann wie auf meinem Auslandsausweiss? Meine Unterschrift fällt leider immer etwas anders aus. Insbesondere wenn ich schon genervt in dieser Bank-Schlange anstehen musste. Den gefallen tue ich ihr natürlich immer, aber ich wundere und frage mich jedes Mal ob jemand der meine Karte klaut auch mehrere Versuche hat wie ich zu unterschreiben?

„Wie groß sind Sie Fräulein?“
Diese Frage stellt mir vor kurzem ein Jugendlicher im Internetcafe. Ich überlegte kurz, ob ich die Frage richtig verstanden habe und habe dann angefangen zu lachen. 1,80 sage ich ihm, das glaubt er mir nur widerwillig und versucht mich davon zu überzeugen dass ich mind. 1,90 bin. Ich schwöre das ich nur 1,80 bin und gehe immer noch lachend aus dem Internetcafe und denke mir, dass ist eine Frage die man mir in Deutschland nur sehr selten stellt.

„Boleta o Factura?“
Eine Frage die einem täglich an der Kasse gestellt wird. Boleta meint einen normalen Kassenbon, die factura ist eine von der Steuer absetzbare Rechnung, dafür muss man dann aber seine RUC (Steuernummer) angegeben. Das erstaunliche ist, dass ein echter Peruaner diese auswendig weiss. Ich bin natürlich nicht dazu in der Lage mir eine 11stellige Nummer im Kopf zu merken und habe immer ein kleines Zettelchen in der Tasche mit Nummer und Anschrift meiner Firma. Aber den Sinn dieses komplizierten Systems habe ich noch nie verstanden. Und ich habe mal wieder das Gefühl es muss so kompliziert wie möglich sein. Da lobe ich mir doch unseren Kassenbon der für alles absetzbar ist.

Freitag, 16. November 2007

Fahrradfahr – Kurs: Fahrradfahren im täglichen Leben!

Diese Anzeige fand ich vor kurzem in der Zeitung:


Fahrradfahr – Kurs: Fahrradfahren im täglichen Leben! 15. und 16. November von 15.00-18.00 Uhr, Stadtverwaltung Lima

Ich bin schon sehr erstaunt, dass man hier Fahrradfahrkurse anbietet. Habe ich so etwas schon mal in Deutschland gesehen? Lernt man da Fahrradfahren oder Verhaltensregeln für Fahrrad fahren Lima?

Wenn ich irgendwas ganz schrecklich vermisse ist es das Fahrrad fahren: zur Arbeit, zu Freunden, zum Einkaufen, zum Spaß… Hier mache ich alles mit dem Taxi, Bus oder zu Fuß. Es ist ohne Zweifel toll, dass man hier so günstig Taxi fahren kann und dies zu meinem alltäglichen Fortbewegungsmittel gehört. Damit wird diese riesen Stadt gleich viel kleiner. Aber ehrlich gesagt würde ich so manches mal lieber das Fahrrad benutzen.

Warum ich das nicht tue? Weil diese Stadt von verrückten, unberechenbaren pasanten- und fahrradfeindlichen Autofahrer beherrscht wird. Selten habe ich so einen aggressiven Autoverkehr erlebt wie hier. Ganz im Kontrast zu der sonstigen Gelassenheit der Peruanern mutieren sie im Straßenverkehr zu den hektischstes und aggressivsten Autofahrern. Passanten werden geradezu gejagt, hier ist das Recht ganz einfach definiert: Der Stärkere hat Vorfahrt und niemand anders hat ein Recht die Strasse zu beherrschen. Daher sieht man Passanten immer schnell über die Strasse huschen, denn die Peruaner wissen sehr genau wer hier das Recht hat und vor allem wer Stärker ist.

Dabei könnte diese Stadt so eine geniale Fahrradstadt, komplett flach, kein Hügel. Lima könnte sozusagen ein Groß-Münster werden. Welch Genuss dies wäre. Vor kurzem, als hier Volkszählung war, und einen ganzen Sonntag Ausgangsverbot (!!!) galt, waren die Strassen leer. Lima in einer undenkbaren Ruhe. Ich habe mir so gewünscht eine Fahrradtour durch die Stadt zu machen. Nur leider hatte ich kein Fahrrad, weder für mich noch für meinen Besuch, zur Verfügung. Aber nachdem ich und auch mein Besuch gezählt waren, haben wir trotz Verbot das Haus verlassen und einen Spaziergang am Meer gemacht - ganz ohne Autos. Herrlich!!!

Ok um ehrlich zu sein: Es gibt Fahrradwege, am Malecon – der oberen Strandpromenade, der allerdings immer von Fußgängern überlaufen ist, weil das Wesen Fahrradfahrer hier ein unbekanntes ist. Auch auf den riesen großen Strassen wie der Arequipa oder Salavery gibt es auf dem Mittelstreifen einen Fahrradweg, aber die Luftverschmutzung der Abgase lässt einen eigentlich schon als Fußgänger nicht gerne durchatmen…..

Aber zurück zum Kurs. Was lernt man da bloß? Das man sich gegenüber Autofahrern defensiv zu verhalten hat, am besten eine Maske mit Filter trägt, welche Schutzkleidung man braucht? Welche Versicherungen von Nöten sind? Oder ist dies tatsächlich der Versuch der Stadt Lima diese Stadt zu entgasen? Und man erhält wertvolle Tipps? Nun gut ich wünsche der Stadt Lima das Beste und hoffe sie versucht es vielleicht auch einmal mit einem autofreien Tag wie es die Kolumbianer in Bogotá tun.

Und trotz allem habe ich mir heute ein Fahrrad ausgeliehen um am Wochenende auf den Seitenstrassen doch mal wieder in die Pedale zu treten!

Donnerstag, 15. November 2007

Seminar mit Überraschungen...

Was macht man wenn man in die Provinz fährt um einen Workshop zum Thema „Gute fachliche Praxis“ zu halten und anstatt der erwarteten 30 Multiplikatorer, einfachen Bauen (zwar sogenannte Leader ihrer Organizationen), aber man sofort weiß, dass die ganzen Power Point Vorträge viel zu schwierig zu verstehen sind?

Man improvisiert und darin sind die Peruaner Meister.

Den ersten Tag haben wir mehr oder weniger das gemacht wie es geplant war aber abends haben wir uns dann das Hirn zermatert wie wir den Vortrag, der 226 Punkte der Globalgap Norm resümiert an diese Zielgruppe weiter geben können. Selbst unsere Arbeitsaufgabe ein Internes Kontrollsystem in einer Gruppe zu entwickeln schien uns zu hoch.

Grübel, Grübel. Zum Schluss haben wir uns dazu entschieden die Vorträge zwar zu halten, aber jeweils zwei, drei Teilnehmer damit beauftragt bei einem Thema besonders gut aufzupassen und dieses nachher mit eigenen Worten zu resümieren und mit einer Karteikarte an eine große Pinnwand zu heften. So wuchs im Laufe des Tages ein Bild der einzelnen Kriterien. Und manchmal waren wir überrascht wie gut sie die Dinge resümiert haben. Und so langsam habe ich das Gefühl das meine peruanischen Kollegen auch Karteikarten ganz gerne benutzen.

Aus der späteren Gruppenarbeit haben wir dann ein Theaterstück in drei Akten gemacht.

Erster Akt: Interne Inspektion - innerhalb der Kooperative
Der interne Inspektor inspektioniert Bauern ausgerechnet bei seinem Freund Leo findet er DDT und sein Kompost direkt neben seinem Gemüse. Die beiden entschließen sich die Sache zu vertuschen und der Interne Inspektor fälscht den Inspektionsbericht. Der Auditor bestätigt den Bericht.

Zweiter Akt: Externe Inspektion durch eine Zertifizierungsstelle
Der externe Inspektor kommt zur Inspektion. Da er bei einem funktionierenden internen Kontrollsystem nur eine Stichprobe nimmt, inspiziert er der 50 Bauern, 8 aber davon nicht Leo. Auch hier fliegt der Fehler nicht auf weil der interne Inspektionsbericht gefälscht ist.

Dritter Akt: Reklamation des Produktes
Die Produkte werden nach Europa verkauft und siehe da der Importeur zieht Proben und in einer Charge findet er Escherichia Coli und DDT. Jetzt fliegt das Ganze auf. Dank einem Rückverfolgbarkeitssystem kommen nur 15 Bauern in Frage und bei einer zweiten Visite ist der Schuldige schnell gefunden. Der Importeur schickt das Produkt zurück, natürlich auf Kosten der Kooperative.

Auch hier haben Lügen kurze Beine, den Fehler büßt die ganze Kooperative. Außerdem kann man die Sinnhaftigkeit von Rüchkverfolgbarkeit erklären, sowie die Rolle vom internen und externen Inspektor.

Ich hätte mich ja ehrlich gesagt nicht getraut, dass einfach mal auszuprobieren ohne eine ordentlich Rollenbeschreibung anzufertigen, aber mein peruanischer Kollege ist da deutlich gelassener. Die Peruaner haben natürlich jede Szene sehr ausführlich gespielt was man mit einer genaueren Rollenbeschreibung hätte vermieden werden können, aber insgesamt ist uns das sehr gut geglückt und ich denke für das nächste mal können wir das ja noch ausbauen.


Und was man sonst noch zu einem peruanischen Wokshop wissen muss...
Das wichtigste an diesen Seminaren ist die Verteilung der Zertifikate und zwar ganz formell mit Handschlag, Küsschen und Foto!! Ein graus jedes Mal wieder für mich weil ich als gringa dann meist für die Zertifikatsübergabe herhalten muss.

Auch die nicht endenden Redebeiträge ohne Sinn und Zweck, nicht das es die bei uns nicht auch geben würde aber in Peru gleicht das manchmal schon einer Persiflage. Einen Peruaner kann man ohne Vorbereitung auf eine Bühne stellen und er wird ohne Probleme eine Stunden einen Vortrag halten ob zu dem gewünschtem Thema ist eine andere Frage.

Und dann sind da zum Schluss noch die Lobeshymnen, wie wertvoll dieser Workshop war, das jetzt alle die Verpflichtung haben diesen zu replizieren, Glückwünsche an die Organisatoren, Vorträger, Teilnehmer und und und… Ich bin immer überrascht über diese Wortverpackungshülsen und es fällt mir immer schwer da mit zu halten. Aber allen in allem bin ich ganz zufrieden mit diesem Workshop der ganz anderen Art...

Mittwoch, 14. November 2007

Entdeckungen in der Selva: Castañas, Cashewnüsse, Balsaholz und vieles mehr...

Im Büro haben wir uns schon oft über einen Betrieb unterhalten der gerne eine Wildsammlung von Castañas zertifizieren möchte. Für mich war immer klar das wir über Kastanien spechen, sicherlich eine andere Art als bei uns aber was sonst sollen Castañas sein!? Der Name ist doch sehr eindeutig. Tja, weit gefehlt, ein Besuch in de Selva hat diesen Irrtum aufgedeckt.

Ich sitze also im Regenwald auf einer Estancia, beim Frühstück als unser Führer Leo mit einer Art Kokosnuss ankommt und fragt ob wir diese Frucht kennen. Obwohl ich ja bei Früchten sehr neugierig und probierfreudig bin habe ich keine Ahnung was er da in seinen Händen hält. Er erklärt uns dass dies eine Castaña ist. Ah, ich bin schon hoch erfreut, dass ich mir endlich ein Bild machen kann von dieser Frucht auch wenn dieses kokusnussartige Gebilde so gar keine Ähnlichkeit hat mit unserer Kastanien. Leo erklärt uns weiter, dass sich in der Schale mehrere Nüsse befinden.

Dann geht es ans aufmachen der Frucht, was nicht so leicht ist. In freier Wildbahn werden diese Früchte gerne von Affen, in dem sie diese gegen einen Stein hauen, geöffnet. Leo nimmt sich die Machete und haut gezielt immer wieder in die gleiche Kerbe und siehe da die Frucht öffnet sich. Und was finden wir vor Paranüsse!!!!!!

Meine Güte wie erstaunlich das man keine Ahnung hat wie diese Früchte wachsen, wo sie doch auf jeden Weihnachtsteller gehören. Ich habe das Gefühl heute richtig was entdeckt zu haben und freue mich wie ein Schneekönig über mein neu errungenes Wissen. Den Baum sehen wir dann später auch noch. Ein großer Laubaum und oben in hoher Höhe baumeln die Paranüsse in ihrer Kokusnussverpackung. Ehrlich gesagt sieht das ein wenig albern aus, wenn ihr Euch mal eine Buche nur viel größer mit solchen Früchten vorstellt.

Balsaholz
Und dann habe ich noch Bekanntschaft mir dem Balsabaum geschlossen. Ein Holz meiner Kindheit, aus dem mein Vater uns immer Boote geschnitzt hat und uns immer damit fasziniert hat wie leicht dieses Holz ist. Auch meine beiden Architekten-Freunde, die mit unterwegs waren kennen dieses Holz nur all zu gut vom Modell bauen.

Cashewnuss
Dann ist da noch der Cashewnussbaum zu erwähnen. Die eigentliche Nuss die wir essen, sitzt wie eine Ankerfrucht unten am Apfel. Lustigerweise essen die Bewohner in der Selva nur den Apfel bzw. machen Erfrischungsgetränke daraus. Die Nuss wird kaum verwendet. Ein Bauer, bei dem wir ein Boot mieten, staunt als ich ihm erzähle wie teuer 100g Cashewnüsse in Deutschland sind.

Gesehen haben wir noch viele verschiedene Vögel, neue Früchte, Palmen, Seeotter….. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und ich freue mich schon auf meinen nächsten Ausflug in die Selva und weitere Endeckungen.

Dienstag, 13. November 2007

Im Flug über Selva-Sierra -Costa

… nach 5 Tagen grüner Selva schon wieder zurück in die Wüste Limas.

Ein bisschen wehmütig verlasse ich die Selva mit ihrem üppigem grün, dem feucht-tropischem Klima, seinen Dschungelgeräuschen zum Beispiel den zirpenden Grillen in allen Tonlagen und –stärken (eine hat uns selbst einen BRAUN-Wecker Geräusch vorgetäuscht), den bunten Tucanen und eine Landschaft die Mogli, Ka die Schlange und andere Figuren aus dem Dschungelbuch wieder zum Leben erweckt.

Auf dem Flug fliege ich zunächst über den grünen, endlos erscheinenden Regenwald (Selva) mit seinem braunen sich dahinmäändernden Flusslauf, dann folgen lange Zeit die Anden (Sierra), dieses sich aufragende, braun-karge, zerklüftete Gebirge mit seinen Tälern und Zerfurchungen. Und dann kommt plötzlich Lima eine flache Wüste am Meer (Costa), kaum noch grün, aber immerhin mit strahlendem Sonnenschein!

Und jetzt drei Tage später sitze ich schon wieder in Cuzco hoch in den Anden und anstatt das ich eine Soroche (Höhenkrankheit) bekomme, ist unser Projektor Höhenkrank geworden. Den ganzen Vormittag haben wir uns damit herumgeschlagen, dass der Projektor alle 10 Minuten wieder ausging und darüber gescherzt, dass er die Höhe nicht verträgt, und siehe da in der Menufunktion kann man tatsächlich wählen zwischen „hoher Höhe“ und „normaler Höhe“ und damit war das Problem dann auch behoben.

Am Donnerstag darf ich dann wieder zurück über die zerklüfteten Anden fliegen, nur die wunderbare grüne Selva muss wohl leider noch ein bisschen auf meinen nächsten Besuch warten.

Ihr dürft Euch aber schon auf weitere Geschichten aus den letzten Tagen Selva freuen zum Beispiel was Castañas und Paranüsse gemeinsam haben….Fortsetzung folgt :-)