Freitag, 22. Juni 2007

Lima Grau

Es ist nun doch Winter geworden und wie man es mir vorhergesagt hat: Es ist schrecklich!!!! Das Bild zeigt echtes Lima-grau , heute morgen 7.30 Nähe Lima Zentrum. Damit ihr auch glaubt das es der Himmel ist, habe ich ein paar Vögel mit aufgenommen. Ich habe jetzt die ersten zwei Wochen unendliches grau hinter mir und es drückt echt auf die Stimmung. Ich finde auch es ist ein sehr eigenes grau, eben ein Lima-grau. Man könnte es sicherlich auf einer offiziellen Farbskaler patentieren lassen.

Einem echten Limeño macht das hingegen nichts aus. Sie finden dieses grau, das sich wie eine beschützende Kappe über die Stadt legt gerade zu perfekt. Viel besser als diese stechende Sonne. Ich hingegen LEIDE!!!! Mein Schokoladenkonsum ist stark angestiegen und bin gerade zu freizügig ganze 2,20 € für eine simple Tafel Schokolade Ritter-Sport Crispy auszugeben.

Aber es ist Freitag. Ich habe das ganze Wochenende und eigentlich brauche ich nur zwei Stunden um aus Lima herauszufahren. Und dann sieht es so aus wie auf dem zweiten Bild (Matucana). Leider nutzt man diese Gelegenheit viel zu selten. Aber es ist gut zu wissen das die Sonne gar nicht so weit entfernt ist.

Donnerstag, 21. Juni 2007

Glückliche Chemie

Weltweit sind etwa 1.400 Wirkstoffe als Pflanzenschutzmittel im Einsatz. Die Folgen für Umwelt, Gewässer und die Gesundheit der Menschen werden gerne verharmlost.

Im Bananananbau in Costa Rica zum Beispiel liegt der Pestizverbrauch mit 40kg/ha zehnmal höher als in Deutschland - darunter mehrere Pestizide des sogenannten "Dreckigen Dutzends"(Quelle Banafair).

Die Art und Weise wie Spritzmittel ausgebracht werden ist noch ein ganz anders Thema. Bauern die Schutzkleidung, Handschuhe oder Mundschutz benutzen habe ich bei meinen Überlandfahrten noch nie gesehen. In der Regel tragen sie Sandalen, kurze Hose und ein T-Shirt. Bei Gesprächen mit den Bauern kommen lachende antworten wie : "No pasa nada, somos acostrumbados al veneno" (Da passiert schon nichts, wir sind an das Gift gewöhnt).

Die Chemieindustrie tut auch hier ihr bestes um die Risiken zu verniedlicht und klein zu machen, auch wenn die gesundheitlichen Folgen inzwischen in vielen Studien nachgewiesen worden sind. Dazu gehören insbesondere bei den Anwendern in Entwicklungsländern: Hautausschläge, Unfruchtbarkeit und Krebs. Vieles ist aber auch noch ungewiss zum Beispiel die Wechselwirkungen zwischen Stoffen. Und wie hoch ist das Risiko für die Verbraucher, die rückstandsbelastetes Obst und Gemüse essen? Was ist mit dem Einsatz unerlaubter Mittel - nur ein Problem in Lateinamerika? Selbst die Pflanzenschutzkontrolle der Bundesländer in Deutschland stellte bei Betriebsinspektionen 2004 fest, dass in rund 4% der kontrollierten Betriebe UNZULÄSSIGE Pestizide eingesetzt wurden.

Für DDT, welches heute unbestritten eines der gefährlichsten Spritzmittel war, wurde in den 70-er Jahren so geworben:

Aber auch heute wird immer noch mit netten Bilder auf den Mauern der Geschäfte für den Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft geworben:


Dieses Schild mit dem glücklichen Bauern und seiner Spritze verspricht "Bessere Produkte für deine Ernte".

Ein wirklich schönes Bild mit Kuh, Lama und Schaf - ganz idylllisch.


Wenn ich das alles so sehe bin ich froh, dass ich im ökologischen Landbau arbeite, der auch ohne Chemiekeule auskommt und dazu beitragen soll die Lebensbedingungen der Bauern zu verbessern. Einer meiner Kollegen hat es bei einer Versammlung mit den Bauern gut formuliert: "Ökolandbau ist für intelligente Menschen wie Euch, denn Ökolandbau arbeitet nicht mit fertigen Paketlösungen". Genau, die Problem-Standard-Paketlösung gibt es nicht - zugegebener Maßen manchmal ist das lästig, aber wenn ich mir die Folgen anschaue, wenn ich die Bauern hier sehe die ohne Schutzkleidung spritzen und nicht nur die Umwelt verschmutzen sondern zu allererst sich selbst eine Schaden zu fügen bin ich davon überzeugt, dass es sich lohnt einen anderen Weg zu suchen. Denn die Kleinbauern und Plantagenarbeiter sind nicht diejenigen die bei 40kh/ha Pestiziden reich werden.

Und noch ein TIPP: Die Werbung auf Mauer ist hier sehr verbreitet. Wer mehr von sprechenden Mauern lesen möchte sei auf Susannes Blog verwiesen.

Samstag, 16. Juni 2007

Vom Glück einen deutschen Pass zu haben

Eigentlich habe ich meinem deutschen Pass noch nie viel Bedeutung geschenkt, ein Stück Papier das man zum reisen braucht. Egal ob ich nach Lateinamerika, USA oder Afrika will ich kann mir ein Ticket kaufen und habe einen sicheren Eintritt in die meisten Länder dieser Welt. Die Zeiten der langfristigen Visumsanträge sind für mich schon lange vorbei. Nicht so für die Peruaner. Hier müssen reisen sorgsam geplant und eine Einladungen des Besuchslandes, Hotelbuchungen etc. sind von nöten. Ein lästiges "Tramite" wie man hier sgat.

Mein Büro ist um die Ecke der israelischen Botschaft, sowie dem Wohnhaus des amerikanischen Botschafters. Dementsprechend gibt es auch eine ganze Menge Polizisten in der Gegend. Vor der Botschaft ist ein kleiner Park (also die Peruaner sagen Park dazu, aber hier heisst alles Park ab drei Bäumen und ein bisschen Rasen) in dem ich mich mittags schon mal ganz gerne mit meinen Empanadas oder sonstigen Köstlichkeiten hinsetzte, um wenigstens eine halbe Stunde etwas Sonne zu tanken.

Inzwischen ist es mir schon mehrfach passiert, dass einer der Polizisten meinen Pass kontrollieren will. Ich setzte sofort ein entnervtes Gesicht auf, frage welches Recht er dazu hat, denn ich würde hier nur essen. Das hilft alles nichts. Widerwillig, aber mit dem Wissen, dass mir der Typ nichts anhaben kann, denn ich bin hier legal, zücke ich meinen Carnet de extranjería (den ich ja unter viel Schweiß und Ärger erstanden habe). Den guckt er sich an fragt, obwohl es fett auf dem Kärtchen steht woher ich komme und will jetzt auch noch meinen deutschen Pass sehen. Ich denke mir er kann froh sein, dass ich überhaupt einen Pass mit habe und ich schnaube zurück, dass das der Ausweis SEINES Landes sei , ich würde hier arbeiten und hätte keine Lust belästigt zu werden. Das rührt natürlich seinen Stolz woraufhin er erstmal wichtig sein Funkhandy zückt und angeblich meine Daten überprüft. Das Spielchen haben wir jetzt schon drei oder viermal gespielt (allerdings immer mit einem anderen Polizisten). Aber mir wird bewusst wie sicher ich mich mit einem Stück Papier fühle und dem Wissen das es eine deutsche Botschaft in Lima gibt in der man mich sogar persönlich kennt.

Aber ich frage mich: Was macht man bloß in Deutschland wenn man keinen Pass hat? Wenn man wie viele Latinos illegal arbeitet, seine Kinder zur Schule schickt und vordergründig ein ganz normales Leben führt, aber wenn jemand ihre Identität prüfen will hat man plötzlich keine Rechte mehr. Ich hingegen habe ein offizielles Visum, eine deutsche Botschaft im Hintergrund, ein "Recht" hier zu arbeiten und nur mit einem Stück Papier das Recht in die meisten Länder der Welt ohne Visum zu reisen. Gerecht ist das mal wieder nicht, nur Glück dessen ich mir hier mal wider bewusst werde!

Samstag, 9. Juni 2007

HERZLICH WILLKOMMEN

Ihr seid herzlich eingeladen auf diesem blog ein paar Geschichten aus meinem peruanischen Alltag, dem Land und seinen Leuten sowie meinen interkulturellen Kommunikationsirritationen zu verfolgen. Schreibt fleißig Kommentare, dann gibt’s bestimmt noch viele, viele Geschichten ....

Freitag, 8. Juni 2007

Mein Besuch im Congreso und wer ist eigentlich Miguel Grau?

7.30 mein Wecker klingelt, um 9.00 Uhr soll ich im Congreso de la República de Perú zu seinem Seminar sein. Ich drehe mich noch mal um und wende gleichzeitig die wichtige Frage: pünktlich oder nicht pünktlich? Das ist hier eine wichtige Frage, wenn mein seine Zeit nicht mit w a r t e n verbringen möchte.

Die Tatsache, dass es sich um den „öffentlichen Dienst“ handelt spricht leider dafür, dass die Veranstaltung mind. eine Stunde später anfängt. Auf der anderen Seite gilt seit dem 1 März "Null Toleranz für Unpünktlichkeit", denn Pünktlichkeit bedeutet - so der Präsident Alan García: "Respekt am Nächsten! Pünktlich ist ein Dienst am Vaterland!". Dies wiederum spricht dafür, dass man im Congreso pünktlich anfängt.

Also gut ich stehe auf, braue mir einen Kaffee zusammen und versuche mir das grau dieses Tages weg zu denken. Es hat heute Nacht sogar geregnet, die Strasse ist nass - Das ist was besonders. Eigentlich regnet es nie, denn ich lebe in einer Wüste.

Der Verkehr der Stadt ist mal wieder unsäglich, der Taxifahrer dafür sehr amüsant, so dass wir über den allgemeinen Teil des "Taxi Talkes" hinauskommen und noch die politischen Schwierigkeiten Perus und die kulturellen Unterschiede zwischen Peru und Deutschland abhandeln können.

9.10 - Ich erreiche den Congreso. O je, jetzt ist da auch noch eine Menschenschlange, natürlich muss man sich vorher mit seinem Ausweis registrieren lassen. Irgendwie schaffe ich es mich an der Schlange vorbei zu mogeln. Jetzt noch durch die Taschenkontrolle. "Oh sie haben einen Computer, da müssen wir die Seriennummer registrieren", lächelt mich der Beamte seelenruhig an. Ich setze sofort mein genervtes Gringa-Gesicht auf und mache dem Herrn verständlich "Bitte schnell“. Funktioniert wie immer, mit grimmigen sich beschwerenden Menschen könne sie nicht umgehen und versuchen sie schnell los zu werden.

9.15 - Ich komme im Saal Miguel Grau des Congresos an, meine Kollegen sind schon da. Sie dachten schon ich würde nicht mehr kommen – 15 Minuten für eine deutsche ist natürlich eine enorme Verspätung. Die Frotzelei können wir dann noch eine dreiviertel Stunde fortsetzen. Das Seminar fängt tatsächlich mit einer Stunde!!! Verspätung an. Die Kollegen verraten mir dann auch ihren Trick, um an der Eingangs-Schlange vorbei zu kommen. Sie haben einfach behauptet sie wären die Vorträger des Seminars. So hat hier jeder seine Strategie und wer keine hat muss halt warten.

Das Seminar fängt an, der Abgeordnete heißt alle willkommen, sendet an 100-tausende von Leuten Felicitaciones (Glückwünsche) zur Organisation der Veranstaltung etc. Während dessen fallen mir erst die Bilder es Admiral Miguel Grau auf. War das nicht der famose Admiral, der in der sagenumwogenden Schlacht von Angamos gegen Chile ermordet wurde? Das muss ich gleich mal in Wikipedia genauer nachschlagen.

Miguel Grau
Miguel Grau Seminario (1834-1879), peruanische Admiral und peruanischer Nationalheld.

Wir befinden uns im Jahre 1879, wo der bis 1884 andauernden Salperterkrieg oder Guerra de Pacífica beginnt. Nach dem Ende der spanischen Kolonialherrschaft in Südamerika zwischen 1810 und 1830 war die Zugehörigkeit der Atacamaregion an der Pazifikküste zwischen den neu gebildeten Staaten Chile 1817, Perú 1827 und Bolivien 1825 umstritten.

Das Interesse an der Region wurde groß, als in den 1860-er Jahren umfangreiche Vorkommen an Nitrat (Salpeter) in der Region gefunden wurden, das wertvoller Rohstoff für die Herstellung von Dünger und Sprengstoff war. Dies führte zu einem Krieg zwischen Chile, Bolivien und Peru.

Und was hatte nun Miguel Grau mit diesem Krieg zu schaffen?
1879 war das Kriegsschiff von Admiral Grau, die Huáscar das letzte größere Kriegsschiff der peruanischen Marine und damit das letzte Hindernis für den Chilenen bei der Erlangung der Seeherrschaft vor der Pazifküste.


Admiral Grau gelang es für längere Zeit die Versorgungslinien mit seiner Huáscar der Chilenen erheblich zu stören, indem sie chilenische Schiffe und Häfen angriff. Es war die letzte Flotte die die Peruaner besaßen. Hierdurch wurde eine Invasion chilenischer Truppen auf peruanisches Territorium verhindert bis zur Seeschlacht von Angamos am 08.
Oktober 1878. Der peruanische Admiral Grau wurde bei dieser Schlacht durch einen Granattreffer getötet. Nach dem Verlust der Huáscar hatten die Peruaner der chilenischen Flotte nichts mehr entgegenzusetzen. Die Chilenen konnten die Invasion plangemäß durchführen. Trotz der Niederlage wurde Miguel Grau zum Nationalhelden erklärt.

Wie ging der Krieg zu Ende?
1883 unterzeichneten Chile und Peru den Vertrag von Ancón. Darin erhielt Chile die peruanische Provinz Tarapacá und dehnte sein Territorium bis nach Tacna aus, welches jedoch knapp 50 Jahre später an Peru zurückgegeben wurde.

1884 kam zwischen Chile und Bolivien der Vertrag von Valparaíso zustande. Darin erhielt Chile die Küstenregion was Bolivien den Zugang zum Pazifik kostete (siehe Karte). Erst 1904 wurde der bis heute gültige Friedens- und Grenzvertrag mit Bolivien unterzeichnet, in dem Bolivien die Zugehörigkeit der Atacamaregion zu Chile bestätigte. Im Gegenzug gewährte Chile Bolivien den zollfreien Zugang zu den Häfen von Arica und Antofagasta und das Versprechen, eine Bahn für Bolivien zu bauen, die die Hauptstadt La Paz mit der Küstenstadt Arica zu verbinden.

Die Geschichte des Krieges muss man kennen um die Befindlichkeiten zwischen Peru, Chile und Bolivien zu verstehen. Die Peruaner haben bis heute eine rege Feindseligkeit mit den Peruanern. Auch das Verhältnis Peru und Bolivien ist dadurch geprägt, da Bolivien den Peruaner vorwirft ihren Bündnispakt gegen Chile nicht ausreichend wahrgenommen zu haben.

Soviel zu Miguel Grau. Die Veranstaltung endet auch eine Stunde zu spät, dass sie nicht noch später endet ist wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass der Saal Miguel Grau von einer weiteren Gruppe gemietet wurde.

Ich tapere ins Büro bei fiesem Nieselregel und bin trotz der Verspätung froh den Congreso einmal von innen gesehen zu haben. Nur die Frage wann ich pünktlich sein muss und wann nicht werde ich wohl noch öfter hin und her wenden müssen.