Die Sierra Nevada stellt das höchste Küstengebirge der Welt dar und umfasst verschiedene auf dieser Erde vorkommenden Klimastufen: Tropischer Nebelwald, feuchte und weniger feuchte Vorgebirgswälder, feuchter Bergwald, Regentundra und ewiger Schnee. Vom höchsten Punkt, dem Pico Bolivar mit 5775 m, bis zum Meer sind es gerade einmal 50 km Luftlinie.
Wir brechen um 5.30 morgens auf. Es ist bereits hell und in Santa Martha ist die Temperatur schon auf 28° angestiegen. Nach 40 Kilometer auf der Landstrasse steigen wir nun in die Sierra Nevada auf. Hier wird es gleich ein bisschen kühler, eine üppige grüne Vegetation über der noch der Nebel liegt begleitet uns. Die Strasse ist holprig, Erdrutsche erschweren die Fahrt, asphaltiert ist hier nichts, nur mit schweren Walzen wird die Strasse ab und zu geebnet.
Hauptgesprächsthema sind die Stellen an denen bereits Autos in den Abgrund gestürzt sind. Mir ist ehrlich gesagt ein bisschen mulmig zu Mute. Aber der Chauffeur, ein Einheimischer der uns schon am frühen morgen gut gelaunt und singend den Berg hochbringt, fährt souverän und mit Vorsicht. Nach über drei Stunden haben wir unser Ziel erreicht. Die letzten 20 km haben uns fast zwei Stunden gekostet und uns im Auto hin und hergerüttelt. Auf genau dieser Strassen werden auch Café und Bananen von den Bauern zum Hafen in Santa Martha transportiert. Das ist allerdings nicht die einzige Hürde die Bananen nehmen müssen um nach Europa oder in die USA zu gelangen.
Fangen wir bei der Finca von Juan an. Juan gehört zu einer kleinen Kooperative von 22 Bauern, die seit zwei Jahren in einem Projekt arbeiten und Baby-Bananen für den Export produzieren. Im Gegensatz zu der herkömmlichen Banane die wir in Europa hauptsächlich konsumieren, die zu einem billigen Massenprodukt geworden ist, gehört die Baby Banane zu einem Nischen-Produkt. Das Projekt befindet sich derzeit in der Phase der Öko- und Fairtrade-Zertifizierung.
Ein weiteres Problem ist der Pilzbefall durch Sigatoka. Ein konventionellen Anbau wird per Flugzeug Chemie appliziert, die Bauern in diesem Projekt machen jede Woche ein Kontrolle und schneiden befallende Stellen auf den Blättern heraus, eine anstrengende Arbeit in diesem Gelände, aber erfolgreich. Die Inspektion verläuft gut, der Bauer ist geschult, es gibt regelmäßige Besuche von Beratern, keine Anzeichen für den Einsatz unerlaubter Produkte, die Kultur ist in einem guten Zustand. Wir schaffen in diesem Gelände allerdings gerade mal den Besuch von 3 Bauern, der Durchschnitt liegt bei 5 Bauern pro Tag.
Die Vision des Projektleiters Ricardo ist es, den Menschen mit dem Verkauf eines hochwertigen Produktes eine Lebensgrundlage zu geben, damit sie in der Sierra bleiben und auch weiterhin ihre Flora und Fauna schützen können. Die Sierra Nevada ist leider kein ganz einfaches politsches Gebiet. Die Region gehörte in den Hochzeiten der Guerillakriege zu einer sehr gewalttätigen Zone.
Guerillakrieg und seine Folgen
Seit über 40 Jahren tobt in Kolumbien ein Bürgerkrieg, bei dem es schon längst nicht mehr um Ideologien geht. Es geht um Drogenhandel und Macht. Mit dem Hafen vor der Haustür ein strategisch wichtiges Gebiet. Entführungen, Kämpfe, Massaker in der Dorfbevölkerung gehörten zur Tagesordnung. Ein Krieg den ich nicht verstehe und den ich auch erst gar nicht versuchen möchte nach zwei Wochen Kolumbien zu erklären.
Ricardo erzählt weiter, das der Guerillakrieg auch seine Spuren in der Bewirtschaftung hinterlassen hat. Er beschreibt es mit dem Satz: "La Palmera es el hijo de la violación" - Die Palme ist das Kind der Gewalt. Das verstehe ich zunächst nicht und er erklärt mir, dass viele Bauern während des Krieges in die Stadt gezogen sind um den Repressalien und vor allem Morden der Guerilla zu entkommen. Anstatt arbeitsintensive Kulturen wie Bananen oder Kaffee anzubauen, haben sie Palmen zur Gewinnung von Palmherzen und Öl angebaut. Dafür musste man nur selten auf Feld. Ein Bild von dem was es für die Menschen in dieser Gegend bedeutet hat und wie grausam dieser Krieg gewesen sein muss und teilweise noch ist, hat mir in Lima eine Ausstellung mit Bildern des kolumbianischen Malers Botero gezeigt.
Wie immer wenn ich von solchen Feldbesuchen zurückkomme, bin ich hoch beeindruckt von der Arbeit der Kleinbauern. Beeindruckt bin ich allerdings auch immer über den niedrigen Preis von Bananen, Kaffee oder Mangos bei uns in Deutschland. In diesem Projekt rechnen die Bauern mit einem guten Preis, da es sich um ein hochwertiges Nischenprodukt handelt. Eine Bäuerin hat es schön beschrieben als sie sagte: „Dieses Bananenfeld ist Geld wert“.
Mit dem Kauf von Bio-Bananen oder Fair Trade Produkten trage ich dazu bei, das solche Landschaften erhalten bleiben und das soziale Strukturen in solchen Gebieten nicht verloren gehen. Ich kaufe nicht nur eine Banane, die mir schmeckt, sondern trage zur Lebensqualität von Juan bei und zum Erhalt eines sensiblen Ökosystem wie die Sierra Nevada.
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