Freitag, 8. Juni 2007

Mein Besuch im Congreso und wer ist eigentlich Miguel Grau?

7.30 mein Wecker klingelt, um 9.00 Uhr soll ich im Congreso de la República de Perú zu seinem Seminar sein. Ich drehe mich noch mal um und wende gleichzeitig die wichtige Frage: pünktlich oder nicht pünktlich? Das ist hier eine wichtige Frage, wenn mein seine Zeit nicht mit w a r t e n verbringen möchte.

Die Tatsache, dass es sich um den „öffentlichen Dienst“ handelt spricht leider dafür, dass die Veranstaltung mind. eine Stunde später anfängt. Auf der anderen Seite gilt seit dem 1 März "Null Toleranz für Unpünktlichkeit", denn Pünktlichkeit bedeutet - so der Präsident Alan García: "Respekt am Nächsten! Pünktlich ist ein Dienst am Vaterland!". Dies wiederum spricht dafür, dass man im Congreso pünktlich anfängt.

Also gut ich stehe auf, braue mir einen Kaffee zusammen und versuche mir das grau dieses Tages weg zu denken. Es hat heute Nacht sogar geregnet, die Strasse ist nass - Das ist was besonders. Eigentlich regnet es nie, denn ich lebe in einer Wüste.

Der Verkehr der Stadt ist mal wieder unsäglich, der Taxifahrer dafür sehr amüsant, so dass wir über den allgemeinen Teil des "Taxi Talkes" hinauskommen und noch die politischen Schwierigkeiten Perus und die kulturellen Unterschiede zwischen Peru und Deutschland abhandeln können.

9.10 - Ich erreiche den Congreso. O je, jetzt ist da auch noch eine Menschenschlange, natürlich muss man sich vorher mit seinem Ausweis registrieren lassen. Irgendwie schaffe ich es mich an der Schlange vorbei zu mogeln. Jetzt noch durch die Taschenkontrolle. "Oh sie haben einen Computer, da müssen wir die Seriennummer registrieren", lächelt mich der Beamte seelenruhig an. Ich setze sofort mein genervtes Gringa-Gesicht auf und mache dem Herrn verständlich "Bitte schnell“. Funktioniert wie immer, mit grimmigen sich beschwerenden Menschen könne sie nicht umgehen und versuchen sie schnell los zu werden.

9.15 - Ich komme im Saal Miguel Grau des Congresos an, meine Kollegen sind schon da. Sie dachten schon ich würde nicht mehr kommen – 15 Minuten für eine deutsche ist natürlich eine enorme Verspätung. Die Frotzelei können wir dann noch eine dreiviertel Stunde fortsetzen. Das Seminar fängt tatsächlich mit einer Stunde!!! Verspätung an. Die Kollegen verraten mir dann auch ihren Trick, um an der Eingangs-Schlange vorbei zu kommen. Sie haben einfach behauptet sie wären die Vorträger des Seminars. So hat hier jeder seine Strategie und wer keine hat muss halt warten.

Das Seminar fängt an, der Abgeordnete heißt alle willkommen, sendet an 100-tausende von Leuten Felicitaciones (Glückwünsche) zur Organisation der Veranstaltung etc. Während dessen fallen mir erst die Bilder es Admiral Miguel Grau auf. War das nicht der famose Admiral, der in der sagenumwogenden Schlacht von Angamos gegen Chile ermordet wurde? Das muss ich gleich mal in Wikipedia genauer nachschlagen.

Miguel Grau
Miguel Grau Seminario (1834-1879), peruanische Admiral und peruanischer Nationalheld.

Wir befinden uns im Jahre 1879, wo der bis 1884 andauernden Salperterkrieg oder Guerra de Pacífica beginnt. Nach dem Ende der spanischen Kolonialherrschaft in Südamerika zwischen 1810 und 1830 war die Zugehörigkeit der Atacamaregion an der Pazifikküste zwischen den neu gebildeten Staaten Chile 1817, Perú 1827 und Bolivien 1825 umstritten.

Das Interesse an der Region wurde groß, als in den 1860-er Jahren umfangreiche Vorkommen an Nitrat (Salpeter) in der Region gefunden wurden, das wertvoller Rohstoff für die Herstellung von Dünger und Sprengstoff war. Dies führte zu einem Krieg zwischen Chile, Bolivien und Peru.

Und was hatte nun Miguel Grau mit diesem Krieg zu schaffen?
1879 war das Kriegsschiff von Admiral Grau, die Huáscar das letzte größere Kriegsschiff der peruanischen Marine und damit das letzte Hindernis für den Chilenen bei der Erlangung der Seeherrschaft vor der Pazifküste.


Admiral Grau gelang es für längere Zeit die Versorgungslinien mit seiner Huáscar der Chilenen erheblich zu stören, indem sie chilenische Schiffe und Häfen angriff. Es war die letzte Flotte die die Peruaner besaßen. Hierdurch wurde eine Invasion chilenischer Truppen auf peruanisches Territorium verhindert bis zur Seeschlacht von Angamos am 08.
Oktober 1878. Der peruanische Admiral Grau wurde bei dieser Schlacht durch einen Granattreffer getötet. Nach dem Verlust der Huáscar hatten die Peruaner der chilenischen Flotte nichts mehr entgegenzusetzen. Die Chilenen konnten die Invasion plangemäß durchführen. Trotz der Niederlage wurde Miguel Grau zum Nationalhelden erklärt.

Wie ging der Krieg zu Ende?
1883 unterzeichneten Chile und Peru den Vertrag von Ancón. Darin erhielt Chile die peruanische Provinz Tarapacá und dehnte sein Territorium bis nach Tacna aus, welches jedoch knapp 50 Jahre später an Peru zurückgegeben wurde.

1884 kam zwischen Chile und Bolivien der Vertrag von Valparaíso zustande. Darin erhielt Chile die Küstenregion was Bolivien den Zugang zum Pazifik kostete (siehe Karte). Erst 1904 wurde der bis heute gültige Friedens- und Grenzvertrag mit Bolivien unterzeichnet, in dem Bolivien die Zugehörigkeit der Atacamaregion zu Chile bestätigte. Im Gegenzug gewährte Chile Bolivien den zollfreien Zugang zu den Häfen von Arica und Antofagasta und das Versprechen, eine Bahn für Bolivien zu bauen, die die Hauptstadt La Paz mit der Küstenstadt Arica zu verbinden.

Die Geschichte des Krieges muss man kennen um die Befindlichkeiten zwischen Peru, Chile und Bolivien zu verstehen. Die Peruaner haben bis heute eine rege Feindseligkeit mit den Peruanern. Auch das Verhältnis Peru und Bolivien ist dadurch geprägt, da Bolivien den Peruaner vorwirft ihren Bündnispakt gegen Chile nicht ausreichend wahrgenommen zu haben.

Soviel zu Miguel Grau. Die Veranstaltung endet auch eine Stunde zu spät, dass sie nicht noch später endet ist wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass der Saal Miguel Grau von einer weiteren Gruppe gemietet wurde.

Ich tapere ins Büro bei fiesem Nieselregel und bin trotz der Verspätung froh den Congreso einmal von innen gesehen zu haben. Nur die Frage wann ich pünktlich sein muss und wann nicht werde ich wohl noch öfter hin und her wenden müssen.

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