Freitag, 24. August 2007

Zu Besuch bei Daniel Ortega - Präsident Nicaraguas

Dem Erdbeben und vor allem den Nachbeben bin ich inzwischen entflohen und sitze in Nicaragua - genauer in Managua. Hier ist es dunkel es ist 18.45, noch 15 Minuten und es gibt wieder Licht. Eine Energiekrise hat dazu geführt, dass Energie limitiert wird. Diese Woche gibt es von 13-17.00 Uhr keine Strom, nächste Woche von 17.00- 22.00Uhr. Mein Laptop hat glücklicherweise eine guten Aku.

19.00 Uhr, die Lichter gehen an, wie toll Energie doch ist.

Aber eigentlich wollte ich ja von meinem Besuch bei Daniel Ortega, Präsident Nicaraguas, berichten. Ortega wurde letztes Jahr am 5. November - als ich das erste Mal in Nicaragua war - zum Präsidenten gewählt. Er gehört der „Frente Sandinista de Liberación“ (Sandinistische Nationale Befreiungsfront) an.

Treffen der Lateinamerikanischen Öko-Landbau-Behörden
Anlass meines Besuches ist das erste Treffen der zuständigen Öko-Behörden aller latein- und mittelamerikanischen Länder (außer Honduras und Kolumbien sind alle anwesend), um einen Vortrag über die Änderungen der europäischen Ökoverordnung zu halten.

Die Lobbyingarbeit, der in Nicaragua vorbereitenden Institution das IICA, war sehr gut und der Landwirtschaftsminister eröffnete bereits die Veranstaltung. Abends werden wir vom nicaraguensischem Staat mit volkstümlichen Tänzen willkommen geheißen, bei einem informelle Abendessen war der Landwirtschaftsminister und mit Gattin anwendend und die Krönung war nun das Treffen mit dem Präsidenten selbst.

Das Präsidentschaftshaus
Das Präsidentschaftsshaus begrüßt seine Besucher mir einer ungewöhnlichen Wandbemalung auf den bunten Wänden steht VIVA SANDINO y CASA NACIONAL FSNL. Ich habe ein bisschen das Gefühl, es könnte auch ein Kindergarten sein. Überwältigend ist allerdings das ganze grün, ein bisschen wie ein grüner Urwald mit bunten Bildern.

Das Treffen
Auch der Besprechungsraum ist bunt: Die bunten Wände ziehen an und alle wollen sich einmal davor fotografieren lassen. Der Landwirtschaftsminister ist auch bald da, nur der Präsident lässt auf sich warten. Wir plaudern also alle mal mit dem einen, dann mit dem anderen und als der Agrarminister neben mir steht frage ich ihn nach der Bedeutung der Wandbemalung, eine Hand mit einem Auge. Er weiß es nicht und ich bin ein bisschen enttäuscht, so viele Symbole, soviel anders als bei uns um Kanzleramt und dann weiß man nicht mal seine Symbole zu erklären. Das finde ich ein bisschen schwach für soviel anders sein.

Nach eineinhalb Stunden kommt dann auch der Präsident mit Ehefrau und ein paar anderen Ministern. Aber nicht wie bei uns erscheinen diese schnellen Schrittes und es wird sofort ruhig, nein es ist eher so, als würden sie sich reinschleichen, und wenn in Managua nicht überall Bilder hängen würden, dann hätte ich ihn auch sicherlich nicht erkannt. Ortega nimmt sich dann allerdings auch anderthalb Stunden Zeit. Erst stellt sich die Gruppe vor, dann stellt er einige Fragen zum Ökolandbau und den bisherigen Verlauf des Austausches der Behörden. Diese werden von verschieden beantwortet werden. Ich werde natürlich auch aufgefordert, denn so wie die Kollegin aus Spanierin sind wir die Exoten als Europäer.

Der Präsident sieht, mit Verlaub, die ganze Zeit so aus als würde er nicht allzu viel verstehen. Seine Frau, Rosario Murillo, seine rechte Hand, hingegen ergreift zum Schluss auch das Wort und verbindet die schlechten Erfahrungen der Grüne Revolution, Verbundenheit mit der Erde und Ökolandbau gekonnt mit einander. Ja, die hat zugehört. Natürlich hat der Präsident das Schlusswort, wir haben sogar den Eindruck das ein Funke übergesprungen ist und er verspricht das Thema auch mit anderen Präsidenten auf die Liste zu setzen. Nach diversen Abschlussfotos mit dem Präsidenten - jeder will mal mit dem Präsidenten fotografiert werden, was ich ja immer etwas albern finde - gehen wir alle recht zu frieden nach Hause.

Mein Resumen
Meine Präsidentin habe ich auf jeden Fall noch nie persönlich begrüßt. Ich habe mir zwischendurch versucht vorzustellen wie so ein Besuch bei Frau Merkel aussehen würde. Protokollierter Ablauf, die Herren alle mit Anzügen und Krawatten, in einem modernen Gebäude, alles schön schlicht und auf das wesentlich reduziert.

Im Gegensatz dazu: lila-bunte Wände, alternative Kleidung, alles sehr informell. Ich habe eher den Eindruck, als würden die Hauptakteure mal Regierung spielen üben.

Aber dann kommt mir der Gedanke, dass bei uns einfach viel Blähwerk drumherum ist. Eins ist allerdings auffällig, egal ob alternativen Regierung oder nicht es gibt einen Kleider-Codex. Genauso unpassend wie die Jeans mit Freizeithemd im Kanzleramt wären, wäre hier der Anzug mit Krawatte fehl am Platze. Offensichtlich braucht jede Regierung, egal ob rechte oder linke, ob Europäer oder Latino einen Codex.

....und hier noch ein kleiner Nachtrag zur FSNL - Wikipedi sein dank :-)

Frente Sandinista de Liberación
Die FSNL hat 1979, die zuvor 43 Jahren bestehende Diktatur der Somoz-Dynastie unter gestürzte und daraufhin Nicaragua bis 1990 regierte.

Die FSLN wurde 1961 in von Carlos Fonseca als revolutionäre Bewegung in Opposition zur Diktatur der Familie von Somoza gegründet. Den Namen der Bewegung leiteten ihre Gründer von dem General des nicaraguanischen Widerstandes gegen US-Truppen Augusto César Sandino (1895-1934) ab.

Ideologisch umfasst der Sandinismus (Sandinismo) ein breites Spektrum von Meinungen, die vom revolutionären Marximus bis zur Befreiungstheologie und reformistischen Agenden einer Verbreiterung bäuerlichen Eigentums reichen.

Die sandinistische Agrareform nach sozialistischem Vorbild leitete einen Strukturwandel in der industriell betriebenen Monokulturen auf Basis von Großgrundbesitzern ein. Mit den Einkünften aus den verstaatlichten Somoza-Ländereien, auf denen weiterhin Kaffee für den Export produziert wurde, kaufte die Revolutionsregierung Getreide, dessen Anbau im Lande aus klimatischen Gründen sehr schwierig ist, um es zu subventionierten Billigpreisen an die Bevölkerung abzugeben. Damit wurde zwar in wenigen Jahren eine Selbstversorgung des Landes mit den traditionellen Grundnahrungsmmitteln erreicht und erstmalig die Versorgung aller Nicas mit erschwinglichem Brotgetreide sichergestellt.

Die Zinsen für die übernommenen Auslandsschulden konnten aus den drastisch reduzierten Exporteinnahmen nicht mehr bezahlt werden. Zur Deckung der Getreide- und Fleischimporte verschuldete der Staat sich weiter bei internationalen Kreditinstitutionen. Hinzu kamen die Kosten für den Contra-Krieg den von 1981 bis 1990 mit der USA.

Auch in dieser linken Regierungszeit wurden Menschenrechtsverletzungen bekannt. 1990 verlor die FSNL ihre Wahl und ist erst im letzten Jahr wieder als Regierung gewählt worden.

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